Nominiert für den Deutschen Reporterpreis 2010.
Die
Namenlosen
Sie
nennen sich Anonymous und bewegen sich im Internet. Sie greifen
Firmen, Institutionen und Menschen an. Die Gründe dafür kennen
manchmal nur sie selbst. Ihre Macht jedoch kann jeder zu spüren
bekommen.
Von Alard von
Kittlitz, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.04.2010
In der litauischen
Kleinstadt Seredzius bricht ein Hund in einen Stall ein und reißt
zwei Hühner. Sie gehören der Mutter des stadtbekannten
Kleinkriminellen Svajunas Beniukas, der daraufhin den Hund stiehlt,
um Rache zu nehmen. Er fährt mit dem Tier zu einer Autobrücke in
der Nähe von Kaunas, zwei Freunde begleiten ihn dabei mit
Videokameras. Beniukas trägt eine blaue Trainingsjacke mit Kapuze,
er hat kurzgeschorene Haare. Den Hund hält er im Arm wie ein Lamm.
"Ich werde jetzt beweisen, dass Hunde fliegen können",
sagt Beniukas in die Kamera. Dann wirft er den Hund über das
Geländer.
Zwanzig Meter unter
der Brücke schlägt der Hund auf. Den Wind und den Autolärm
übertönt sein Heulen. Beniukas und die Kameramänner verschwinden.
Einer von ihnen wird später den Film ins Netz laden. So fing alles
an.
Die Leute, die den
Film auf Youtube sehen, werden sehr wütend. Sie wollen wissen, wer
der Mann ist, der den Hund von der Brücke wirft. "Man sollte
ihn umbringen, ihn und seine ganze Familie", schreibt ein Nutzer
zu dem Video. Menschen aus der ganzen Welt machen den litauischen
Tierschutzverband, die lokalen Medien, die Polizei auf den Film
aufmerksam. Die Brücke ist schnell identifiziert, bald darauf auch
der polizeibekannte Beniukas. Beniukas kriegt zehn Monate Gefängnis.
Der Hund erliegt seinen Verletzungen.
Das Internet, könnte
man sagen, hat Beniukas zur Strecke gebracht. Aber das ist nur die
eine Hälfte dieser Geschichte. Die andere ist düsterer, und sie
endet nicht mit der Festnahme eines Verbrechers.
Wenn jemand eine
Datei ins Internet lädt und nicht viel weiß über Computer und
Datenschutz, dann hängt er automatisch so etwas wie einen
persönlichen Poststempel, die IP-Adresse, dran. Es ist nicht
einfach, aber man kann über die Adresse viel über den Absender
herausfinden. Man kann auf einen Namen kommen, eine Telefonnummer,
eine E-Mail-Adresse, ein Facebook-Profil, auf Fotos. Danach kann man
diese Daten verbreiten, in Foren, auf Twitter und Facebook, und
andere, sehr viele andere auf denjenigen aufmerksam machen, von dem
man glaubt, er sei der Gesuchte.
Im Fall des
Hundewerfers heißt er Valdas Baranauskas, aber er ist der Falsche.
Er hatte nur leider die richtige Adresse. Aber vielleicht hat der
Hochlader das Netz von Baranauskas benutzt, vielleicht spielt jemand
ihm einen üblen Streich. Vielleicht ist ein Flüchtigkeitsfehler
begangen worden. Doch bis das herauskommt, vergehen ein paar Tage. In
dieser Zeit wird Valdas Baranauskas für das Internet zu dem Mann,
der Hunde von Brücken wirft.
Der Mob aus dem
Internet kontaktiert alle seine Freunde auf Facebook und sagt: "Euer
Freund wirft Hunde von Brücken." Seine Freunde schreiben
zurück: "Ihr verwechselt ihn. Dass Baranauskas auf den Fotos
keine Ähnlichkeit mit Beniukas aufweist, interessiert keinen.
Baranauskas erhält Hunderte E-Mails mit Beschimpfungen und
Morddrohungen. Die Leute rufen bei ihm an und sagen: "Wir
vierteilen dich, Hundemörder. Wir wissen, wo du wohnst."
Baranauskas versteht nicht, was los ist. Er kennt Beniukas nicht, er
kennt keinen der Kameramänner. Er hat große Angst.
Im Internet finden
sich noch Spuren seiner Versuche, sich zu wehren. Die Polizei hat er
eingeschaltet, er hat sich einen Anwalt genommen. Eine Google-Suche
zu Baranauskas spuckt dennoch weiter Links zu dem Film aus. Auf
Facebook gibt es weiter Gruppen, die sein Konterfei zeigen, sie
heißen "Stirb, Valdas Baranauskas", oder "Tötet den
Tierquäler Valdas Baranauskas".
Der litauische
Tierschutzverband weist auf seiner Internetseite ausdrücklich darauf
hin, dass Valdas Baranauskas mit dem Fall nichts zu tun gehabt habe,
und bittet ihn um Entschuldigung. Man versteht nicht, wie sein Name
in Umlauf kommen konnte. Dabei ist das im Internet ein offenes
Geheimnis. Die Quelle war 4chan.
Etwa 200 Millionen
Mal im Monat wird die Internetseite 4chan.org aufgerufen. Ihr
Gründer, Christopher Poole, besser bekannt unter seinem
Internetnamen "Moot", wurde vom "Time Magazine"
im Jahr 2009 unter die einflussreichsten Menschen der Welt gewählt.
Moot war da neunzehn Jahre alt und für "Time" wichtiger
als der New Yorker Bürgermeister Bloomberg.
Auf 4chan laden die
Nutzer ein Bildchen hoch und schreiben einen Text daneben. Andere
können das kommentieren. Solche Foren gibt es im Internet zu
Tausenden. Die Besonderheit bei 4chan liegt darin, dass es keiner
Anmeldung bedarf. Nutzer, die nicht spezifisch einen Namen angeben,
erscheinen als "Anonymous".
Moot hat 4chan im
Alter von fünfzehn Jahren gegründet. Vorbild war das japanische
Forum 2channel. Anonymität, sagt Moot, sei essentiell. In einem
anonymen Umfeld würden alle Informationen gleich behandelt. Er sagt,
4chan erlaube den Leuten, Seiten von sich zu zeigen, die sie sonst
versteckten. Anders als der Facebook-Gründer Zuckerberg hat Moot
deswegen aber auch Probleme, Geld mit seiner Seite zu machen. Er kann
die Daten seiner Nutzer nicht verkaufen.
4chan ist
unspezifisch. Es gibt Foren zu allem: zu Wissenschaft, Comics,
Waffen, Sport, Fotografie, wie überall im Netz Pornographie. Das
meistbesuchte Forum auf 4chan ist "Random" unter dem
Verzeichnis "/b/". b wurde von Kommentatoren schon als die
Bahnhofstoilette des Internets bezeichnet. Bevor man das Forum
betritt, wird man noch einmal gewarnt: "Nur 18+, erklären Sie
sich einverstanden?" Dass die Nutzer von b tatsächlich über 18
sind, muss man bezweifeln, dass das Alter einen vor den Inhalten
schützen würde, auch.
b wird von den
b-tards bevölkert, eine Abwandlung von "retards",
Zurückgebliebene. Die Bilder, die dort oft vollkommen
zusammenhangslos neben den Nachrichten stehen, sind von äußerster
Rohheit. Pornographie aus den abseitigsten Fetischecken; Bilder von
tödlicher Gewalt, von Schusswunden, Selbstmördern,
Schwerverbrechern, Hinrichtungen; und dazwischen dann Comics, kurze
Röcke, die Frage: "Wer von euch glaubt an Gott?"
Das Tempo der
Mitteilungen ist atemberaubend. 450000 Nachrichten werden täglich
auf 4chan eingestellt. Ein Bild in b wandert im Ticker innerhalb
weniger Sekunden nach unten. b ist wie ein steter Regen der
einfachsten und der traurigsten Wahrheiten des Lebens, gespickt mit
Nachrichten und obskuren Verrücktheiten. Genau weiß selbst Moot
nicht, wer die Besucher von b sind. Fest steht aber, dass viele sich
zu einer Gruppe gehörig fühlen, die sich "Anonymous"
nennt.
Anonymous ist ein
Kollektiv von Leuten, die vornehmlich auf b zu finden sind, aber auch
in ein paar anderen Chan-Foren. Der Gruppe nahe stehen auch Seiten
wie das aufgeräumtere Forum Something Awful, die Seite Partyvan,
zuständig für das Organisieren konzertierter Angriffe auf Feinde
von Anonymous, und die Encyclopedia Dramatica, eine Art Wikipedia der
Chan-Kultur, deren Inhalt zum größten Teil schärfste Satire ohne
jeden Informationswert ist.
Der Eintrag zu
"Anonymous" allerdings unternimmt durchaus einen
ernstgemeinten Versuch zur Selbstbeschreibung. Man findet sogar ein
Zitat aus dem Markus-Evangelium. Nach jenem Dämon, den Jesus in die
Schweine fahren lässt, nennen sich Anonymous auch Legion, "denn
wir sind viele". Weiter steht dort: "Wir sind niemandes
persönliche Armee." Anonymous betrachten sich als Kollektiv, in
dem die Einzelnen ihre Identität aufgegeben haben. Sie kennen keinen
Führer, kein Gesetz, sie sind zahllos, töricht, unberechenbar,
schnell gelangweilt, gnadenlos, irrational. "Wenn ein Soldat
fällt, erstehen an seiner Stelle zehn neue", steht auf der
Seite zu lesen, und: "Anonymous versagt nicht, Anonymous vergibt
nicht. Niemand kann Anonymous zusammenrufen." Aktionen
entstehen, wenn der Schwarm es so will. Wenn sich Anonymous für eine
Aktion entscheiden, nennen sie das einen "Raid", einen
Überfall. Die Geschichte der Raids verleiht der Gruppe ihre
Identität.
Anonymous erinnern
sich an den ersten Raid im "Habbo Hotel", einer künstlichen
Welt für kleine Kinder. Die Legion kleidete unzählige Avatare in
schwarze Anzüge mit schwarzem Schlips und bombardierte das Hotel mit
Nachrichten, bis die Seite für eine Weile schließen musste.
Anonymous erinnern sich, wie sie den Päderasten Chris Forcand in
eine Falle lockten und der Polizei auslieferten, wie sie den
rassistischen Publizisten Hal Turner zur Aufgabe seiner Sendung
brachten. Sie erinnern sich an die Kampagne gegen Scientology. Die
Sekte hatte versucht, ein unfreiwillig öffentlich gewordenes Video
durch Rechtsanwälte aus dem Internet zu holen, darauf begann
Anonymous, die Server der Sekte lahmzulegen. Anonymous erinnern sich
an die Angriffe auf Organe der australischen Internetzensur und an
die Streiche, die man den Institutionen der etablierten Welt gespielt
hat: Sarah Palins E-Mail-Account wird gehackt, Oprah Winfrey liest in
ihrer Sendung nichtsahnend Witze von b-tards vor, ein deutscher
Polizeichef bekommt nach dem Amoklauf von Winnenden falsche
Informationen.
Als b-tard besitzt
auch Snake einen schwarzen Anzug mit schwarzer Krawatte. Wenn er mit
anderen Anonymous-Mitgliedern in der echten Welt zusammentrifft,
macht er sich manchmal so fein. Sonst trägt der schmächtige
Siebzehnjährige T-Shirt, Jeans und Chucks. Snake macht Fachabitur
und wohnt nicht mehr bei den Eltern. Wie er wirklich heißt, sagt
Snake nur ungern. Seine Freunde nennen ihn auch Snake und manchmal
Snakie.
Seine
Einzimmerwohnung in einer tristen Mietskaserne aus den siebziger
Jahren sieht aus wie das Set eines Hackerfilms. Überall liegen
Platinen, Festplatten, Ventilatoren herum, nicht in Gehäuse
eingebaut, einfach auf dem Boden, über an der Decke laufende Kabel
miteinander verbunden. Wenn das Licht aus ist, blinkt das ganze
Zimmer. Der schwarze Teppichboden ist übersät mit Kippen, Flaschen,
Schrauben und Pizzaresten.
Mit den Computern,
sagt Snake, habe er nie angefangen. Sie seien vielmehr immer schon da
gewesen. Snake erklärt seinen ersten Hack, für das Chatprogramm
Messenger, das er als kleiner Junge gern benutzte, da war er keine
zehn Jahre alt. Aber schon nach dem ersten Satz kann man nicht mehr
folgen. Es geht um bidirektionale Kanäle, Rootkits und
DLL-Injections. Snakes Sprache ist vom Slang der b-tards durchsetzt,
er redet viel von "Schwuchteln", ein Suffix, das sich an
alles hängen lässt; er selbst ist eine "Anon-Schwuchtel".
Auf dem Bett sitzt
Snakes Kumpel Sand und zieht eine zermörserte Ritalin durch die
Nase, "Babykoks". Die Unterlage ist eine ausmontierte
Festplatte. Auch sein Kumpel Meathead ist zu Besuch. Snake unterhält
sich mit den beiden und macht unterdessen fünf Sachen gleichzeitig
am Computer, sucht nach Informationen, chattet, verwaltet seinen
Server. Er setzt auf 4chan eine Nachricht ab und stellt ein Bild von
salutierenden Nazis daneben, um "Neuschwuchteln" zu
verschrecken.
Snake, Sand und
Meathead sehen das Internet in einem Krieg zwischen den digital
Ermächtigten, die im Internet unsichtbar bleiben wollen, und den
Regulatoren, die auf Kontrolle aus sind. Snake will nicht
kontrolliert werden. Anonymous ist für ihn in dem Kampf ein
basisdemokratisches Machtinstrument. "Wir sind nicht deine
persönliche Armee", diesen Satz zitiert auch Snake. Der Kampf
geht gegen Datenverwurstung und Auswertung, gegen Kommerzialisierung
und Kontrolle und auch gegen die "Neuschwuchteln", die
diese Kommerzialisierung tragen. Sand redet vom System.
Wenn Anonymous die
Institutionen dieser Welt angreifen, freut sich Snake, weil er es als
Etappensiege betrachtet in einem Kampf gegen eine Macht, die genauso
gesichtslos ist wie Anonymous, die Macht der Regulatoren. Valdas
Baranauskas ist für Snake in dieser Auseinandersetzung nur ein
Kollateralschaden. Geschichten wie die von Gennadiy Ryklin
unterdessen amüsieren ihn.
Gennadiy Ryklin ist
zwanzig Jahre alt. Er studiert im Bundesstaat New York Psychologie.
Der Sohn weißrussischer Einwanderer betreibt nebenher eine kleine
Firma, die Werbeschaltflächen im Internet vermittelt. Im Juli 2009
bestellt er auf Ebay einen neuen Computermonitor bei der Firma Atech
Services. Ryklin überweist sein Geld, hört aber kaum etwas von
Atech Services. Bald fürchtet er, betrogen worden zu sein. Nach zwei
Wochen schreibt er an Atech, er wolle sein Geld zurück. Er nennt den
Besitzer von Atech "Arschhut".
Der beleidigte
Besitzer heißt Adam Goldstein, und auf das letzte Schreiben
antwortet er sofort. Er droht, er werde Ryklin verklagen wegen
Beleidigung, das Geld werde er zur Deckung eventueller Prozesskosten
vorerst einbehalten. Gennadiy Ryklin schreibt seine Geschichte
daraufhin in das Forum Something Awful. Er bittet um Hilfe. Anonymous
kriegen Wind von der Geschichte.
Über seine
Firmenzulassung finden Anonymous Goldsteins persönliche Daten.
Goldstein erhält zunächst Anrufe und E-Mails, in denen er bedroht
wird. Dann werden seine Internetpräsenzen über automatisierte
Daueraufrufe lahmgelegt, als Nächstes die Server seines
Internetproviders. Ein Mitglied von Something Awful nimmt seinen
eigenen Anruf bei Goldstein auf und stellt ihn ins Netz. Man hört
Goldstein hysterisch schreien: "Ich habe hier mehr Waffen im
Haus als auf einer Polizeistation. Die wollen meine Mutter
vergewaltigen. Ich kriege ständig Anrufe und Faxe mit Hakenkreuzen,
meine Internetseiten wurden lahmgelegt. Diese Leute werden alle
verklagt werden. Die sitzen alle in Alaska."
Die Leute sitzen
nicht alle in Alaska, sie sitzen überall auf der Welt und verstecken
sich hinter falschen IP-Adressen. Anonymous bestellen bei den
Pizzalieferanten der Umgebung ständig auf Goldsteins Namen. Sie
füllen im Internet Tausende Formulare für den kostenlosen Versand
des Korans aus auf seine Adresse, sie lassen ihm ständig leere
UPS-Boxen zukommen. Aus einem vorbeifahrenden Auto werden tote Tiere
auf sein Haus geworfen. Schließlich tauchen Aushänge mit Goldsteins
Foto darauf in seiner Nachbarschaft auf: "Dieser Mann ist ein
bekannter Päderast und lebt hier."
Gennadiy Ryklin
bekommt am Ende einen Anruf von Goldstein. Er werde ihm sein Geld
zurückgeben, wenn Ryklin auf Something Awful für ein Ende der
Attacken plädiere. Ryklin sagt heute, es sei vielleicht ein bisschen
weit gegangen. Aber Goldstein habe bekommen, was er verdient.
"Lulz were
had", sagt Snake zu dieser Geschichte. Lulz ist b-tard-Sprache
für schadenfrohes Gelächter. Manche Streiche spielt auch Snake für
die Lulz. Andere Sachen sind großer Ernst. Seit einer Weile hat
Snake ein Projekt, auf das er sehr stolz ist. Er nennt es einen
Tunnel. Nutzer können ein kleines Programm herunterladen, dann
kommen sie durch Snakes Tunnel über seinen Server zensurfrei und
anonym ins Netz. Einige der Leute, die dieses Angebot wahrnehmen,
kommen aus Iran, andere aus Kuba oder aus Australien. Snake weiß das
aus E-Mails, die ihm die Nutzer geschickt haben, sonst hat auch er
keinen Zugriff auf ihre Identitäten. Der Tunnel ist umsonst. "Ich
interessiere mich doch nicht für die Geldscheiße", sagt Snake.
Snake glaubt, er sei
vom BKA inoffiziell unter Beobachtung gesetzt worden, seit jemand
angeblich über seinen Server einen Hack ausgeführt hat. "Kann
schon sein", sagt Snake. Ihn kümmert nicht, was andere machen.
Er wünscht sich das Internet als einen freien Raum, in dem die Leute
selbst bestimmen, was sie tun. Seine Welt ist ein digitaler Wilder
Westen. Hacker und Hackergangs bewegen sich durch einen binären
Äther. Datenfischer und -verstecker, Geheimdienste und Großkonzerne.
Eine paranoische Weltvision, in der die Angst vor den unsichtbaren
Feinden dem Wissen um die eigenen Fähigkeiten entspringt.
Snake erzählt, wie
ein Freund von ihm einmal von einem Hacker bedroht wurde. Er selbst
habe dann eine Woche lang nach dem Hacker gesucht. Am Ende wählte er
eine Nummer in Australien und las dem Angreifer dessen
Universitätsnoten vor. "Danach war der ruhig."
Dann holt er zwei
Visitenkarten aus dem Portemonnaie. Sie gehören Personalern. Eine
Karte von einem Internetgiganten, eine von einem Rüstungskonzern. Er
zeigt die Karten wie Trophäen vor und behauptet, die hätten in
seinem Briefkasten gelegen. Weil sein Name und seine Adresse im
Internet nicht zu finden sind, müssen beide Firmen anders auf ihn
aufmerksam geworden sein.
Seit Snake sein
Projekt hat, macht er nicht mehr mit bei den Demos gegen Scientology.
Er verbringt auch immer weniger Zeit auf 4chan, "zu viele
Neuschwuchteln", sagt er. Er versucht, seinen Tunnel in Schuss
zu halten. Er macht sich auch Sorgen wegen des BKA. "Vielleicht
sperren die mich irgendwann ein", sagt Snake. Seinen Server hat
er so hingestellt, dass er bei offener Wohnungstür nicht zu sehen
ist. Das Gerät reagiert auf Wechsel in Stromspannung und Temperatur.
Wenn jemand den Server mitnimmt, gehen alle Daten verloren.
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